Globale Kapitalflut während der Coronakrise festigt niedriges Zinsniveau!

Zuletzt aktualisiert: 8. Januar 2024│   Geschätzte Lesezeit: 3,9 Minuten
Seit über einem Jahr steht nicht nur das globale Gesundheitssystem unter dem Einfluss der Corona-Pandemie, sondern auch auf dem Parkett der Finanzmärkte sind Auswirkungen von nie da gewesener Tragweite zu beobachten. Um die Folgen der Krise möglichst gering zu halten, haben die Notenbanken sich einer ultraexpansiven Geldpolitik bedient, deren Kurs sich auch im zweiten Jahr nach Ausbruch der Virusinfektion aus dem chinesischen Wuhan nicht zu ändern scheint. Etliche Analysten von Finanzdienstleistern und Vermögensverwaltungen haben mittlerweile damit begonnen, eine Zwischenbilanz zu ziehen.

Maßnahmen, um zu tun, was immer auch erforderlich ist

In der Rücksicht auf den Ausbruch der Pandemie im Januar 2020 und die einen Monat später übergreifende Infektionswelle auf den europäischen Kontinent, die zunächst das nördliche Italien heimsuchte, um dann auch die Vereinigten Staaten zu erfassen, ließen die Folgen für die weltweiten Kapitalmärkte nicht lange auf sich warten. Nach einer anfänglichen großen Verunsicherung war es der US-Notenbank (Fed) Vorsitzende Jerome Powell, welcher als erster die Initiative an sich riss und sich entschlossen vor der Weltpresse äußerte. Powells damalige Botschaft, auf die Krise entschlossen und unmittelbar reagieren zu wollen, zog schnell Kreise und schon Anfang März bekräftigte die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, dem auftretenden Bedarf entsprechend gezielte und angemessene Maßnahmen zu ergreifen. Damit war der Grundstein für eine sich seitdem stark veränderte Geldpolitik gelegt.

Neue Maßstäbe in Sachen Handlungsschnelligkeit

Im eigentlichen Sinne bleibt festzuhalten, dass sich die agierenden Muster im Verhalten der Notenbanken unter Einbeziehung der großen Finanzkrise des Jahres 2008 gar nicht signifikant geändert haben, doch in einem Punkt hat die Coronapandemie ohne jeden Zweifel neue Maßstäbe gesetzt. Nie zuvor reagierten die Notenbanken so handlungsschnell und beschlossen Maßnahmenpakete in derartigen Größenordnungen. Nach dem innerhalb vieler europäischer Staaten verhängten ersten Lockdown etwa zur Mitte des Monats März 2020 und dem in den Vereinigten Staaten ausgerufenen nationalen Notstand begannen die bis dato wohl umfangreichsten geldpolitischen globalen Notenbankaktionen. Die Federal Reserve senkte zunächst ihren Leitzins um 100 Basispunkte auf die Bandbreite von 0,00 bis 0,25 Prozent und damit auf den so bezeichnete „Effective Lower Bound“ – Bereich.

Nur kurze Zeit später deklarierte die Europäische Zentralbank ihr „Pandemic Emergency Purchase Program“ (PEPP) und damit ein 750 Milliarden schweres Anfangsvolumen für den Wertpapierkauf. Ebenfalls noch im März letzten Jahres senkte die „Bank of England“ die Bank Rate auf 0,1 Prozent und stellte weitere 200 Milliarden Pfund für das eigene Wertpapierkaufprogramm zur Verfügung, dessen Gesamtvolumen damit auf 645 Milliarden Pfund anstieg. Währenddessen hatte die Federal Reserve verdeutlicht, dass sie im Bedarfsfall unbegrenzte Staatsanleihenkäufe durchführen würde. Nachfolgend stellten sich noch viele weitere Anpassungsmaßnahmen, Finanzmarktprogramme und Aufstockungen ein, die der allgemein bekannten Entwicklung dienten, welcher man dennoch unter dem Gesamteindruck der neu in die Wege geleiteten Größenordnungen höchsten Tribut zollen muss.

Bilanzsummen und Staatenfinanzierungen durch die „Hintertür“

Im Dezember 2020 kletterte die Bilanzsumme der Europäischen Zentralbank über die 7-Billionen-Euro-Marke. Rund 80 Prozent dieses gigantischen Betrages ließen sich dabei auf operative geldpolitische Maßnahmen wie Refinanzierungsgeschäfte und Programme zum Wertpapierkauf zurückführen. In den zwölf Monaten zwischen März 2020 und Februar 2021 hatte die Federal Reserve für etwa 2,3 Billionen US-Dollar Staatsanleihen der USA erworben. Diese „Hintertürfinanzierung“ des Staates glich einem Anteil von 75 Prozent des bislang größten Haushaltsdefizits der US-Regierung aus dem Jahr 2019/2020. Im Vereinigten Königreich konnte die Bank of England anscheinend ebenfalls das bestehende Haushaltsdefizit absichern und stockte noch im November 2020 das Wertpapierkaufprogramm auf 895 Milliarden Pfund auf.

In Japan hält die Notenbank seit nunmehr über vier Jahren den Zins für die Rendite der 10-jährig angelegten staatlichen Anleihen um die Null-Prozent-Marke und übernahm Ende 2020 über 40 Prozent der zentralen Staatsverschuldung auf die eigenen Bücher. Des Weiteren stellte die Bank of Japan klar, dass Ankaufobergrenzen nicht auferlegt würden und sicherte hiermit die Tragfähigkeit des am höchsten verschuldeten Staates der Welt. Um derartig hohe Staatsschulden zu gewährleisten, bedarf es einer dauerhaften Tiefzinsphase. Die damit zusammenhängende Schlüsselrolle der geldpolitischen Verantwortungsträger muss sich zudem noch mit anderen Faktoren beschäftigen. Hierbei geht es unter anderem um die Preisstabilität mit einem gemeinsam definierten Inflationsziel von etwa 2 Prozent. Durch das bereits seit Jahren vielerorts nicht zu verwirklichende Ziel konnten auch die Umsetzungen der gigantischen expansiven Maßnahmen der jüngeren Vergangenheit leicht gerechtfertigt werden. Im Angesicht der allgemeinen Wirtschaftspolitik, einer leicht ansteigenden Inflation und einer anhaltenden Coronakrise bleibt als Fazit festzustellen, dass die Notenbanken die eingeschlagene Geldpolitik zunächst fortsetzen werden.

Quelle: private-bankingmagazine.de – Die Geldfluht hält die Zinsen niedrig

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